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Geteilte Reaktionen auf schnelle G9-Rückkehr

  27.04.2022 | 10:05 Uhr

Die am Dienstag von Ministerpräsidentin Rehlinger angekündigte schnelle Rückkehr zu G9 hat für unterschiedliche Reaktionen gesorgt. Während der saarländische Philologenverband die Entscheidung begrüßte, fürchtet der SLLV einen Schülerschwund bei Gemeinschaftsschulen.

Schon nach den Sommerferien sollen die Gymnasien wieder zum Abitur in neun Jahren zurückkehren. Das hatte die neue Ministerpräsidentin des Saarlandes, Anke Rehlinger, am Dienstag in ihrer Regierungserklärung vor dem saarländischen Landtag angekündigt.

Zudem solle es für Schüler, die bereits auf dem Gymnasium sind, auch die Möglichkeiten geben in das neunjährige System zu wechseln.

Umsetzungspläne des Philologenverbands

Der saarländische Philologenverband begrüßte die Entscheidung von Rehlinger und äußerte sich optimistisch, dass die Pläne hin zu G9 bereits für den kommenden Sommer umsetzbar seien. Gleichzeitig betonte der Verbandsvorsitzende Marcus Hahn, dass es nun darum gehe, "ein modernes neunjähriges Gymnasium" zu schaffen. "Wir haben der Landesregierung auch schon Pläne zur Umsetzung vorgelegt, die es ermöglichen, diesen Weg gut zu beschreiten", sagte Hahn im SR-Interview.

Wichtig sei es in der Zukunft, einen Bildungsstand zu schaffen, "der den Herausforderungen der Zukunft gerecht wird." Globalisierung, Digitalisierung, Nachhaltigkeit seien wichtige Themen, auf die die Schülerinnen und Schüler an den Gymnasien künftig noch besser vorbereitet werden sollen, sagte Hahn.

SLLV fürchtet Schülerschwund bei Gemeinschaftsschulen

Der Saarländische Lehrerinnen- und Lehrerverbands äußerte hingegen Kritik an Rehlingers Plänen. Der Verband verwies darauf, dass man den Gemeinschaftsschulen mit der Wiedereinführung von G9 einen qualitativen Bonus wegnehme. Dadurch bedingt könnten sich die Schülerzahlen an Gemeinschaftsschulen deutlich verringern.

Es müsse sichergestellt werden, dass keine Schulform bevorzugt würde, sagte die stellvertretende Vorsitzende Elke Boudier. „Frau Rehlinger sagte, dass sie die Gemeinschaftsschulen stärken will. Dies begrüßen wir ausdrücklich. Bis dato verrät sie aber keine konkreten Inhalte, wie dies aussehen soll.“ Zudem müssten dringend neue Lehrkräfte eingestellt werden.

Oltmanns spricht von großer Überraschung

Die Vorsitzende der Landeselternvertretung der Gymnasien im Saarland, Katja Oltmanns, zeigte sich erfreut über die Ankündigung. „Wir haben die Rückkehr zu einem neunjährigen Gymnasium im Saarland schon seit langer, langer Zeit gefordert. Ganz massiv nach unserer Elternumfrage aus dem Jahr 2019.“

Dass die Umsetzung tatsächlich schon zu diesem Schuljahr erfolge, sei eine noch größere Überraschung. Oltmanns begrüßte außerdem die geplante Übergangslösung für Schülerinnen und Schüler, die sich vielleicht spontan für ein neunjähriges Gymnasium entscheiden wollen.

Zudem hofft Oltmanns darauf, dass einige durch die Rückkehr zu G9 ihre Lerndefizite aufholen können. Es bleibe zu hoffen, dass nun mehr Zeit da sein werde, um auch die sozialen und emotionalen Defizite anzugehen.

Landesschülersprecher skeptisch

Landesschülersprecher Lennart-Elias Seimetz befürchtet hingegen, dass die Pläne Rehlingers zu überstürzt kommen und noch nicht ausgereift sind. Zukunftsfähige Konzepte seien bislang noch nicht vorgelegt worden. Seimetz forderte im SR-Interview zudem einen größeren Praxisbezug in der Schule - sowohl innerhalb der Fächer als auch etwa bei Schulpraktika oder der Umsetzung der Mehrsprachigkeit.

FDP begrüßt Rehlingers Ankündigung

Die FDP Saar hat die Ankündigung von Ministerpräsidentin Rehlinger zu einer schnellen Rückkehr zu G9 ebenfalls positiv bewertet. Gleichzeitig mahnt sie aber auch eine zeitgemäße Überarbeitung des Lehrplans und der Stundentafel hin zu einem modernen Gymnasium an. Darüber hinaus sollte eine Reform der Fächerstruktur in den Blick genommen werden, so der FDP-Politiker Marcel Mucker.

Grüne warnen vor Schnellschuss

Die Grünen-Politikerin Lisa Becker warnt hingegen vor einem Schnellschuss und fordert, das Ziel der Gleichwertigkeit von Gymnasien und Gemeinschaftsschulen nicht aus den Augen zu verlieren. „Die G9-Rückkehr sollte gut durchdacht, organisiert und rechtzeitig mit den Lehrer-, Schülern sowie Elternverbänden abgestimmt werden“, so Becker. So könnten mögliche Konflikte von vorneherein vermieden werden.

Über dieses Thema haben auch die SR-Hörfunknachrichten am 26.04.2022 berichtet.

 

 

12. Januar 2022 um 14:16 Uhr 6 Minuten

G8 im Saarland vor dem Aus : Warum die Saar-CDU nun doch zu G9 zurück will – und wie die SPD darauf reagiert

Alles deutet daraufhin, dass im Saarland das Abitur nach acht Jahren an Gymnasien vor dem Aus steht. Nachdem sie sich über Jahre gegen eine Rückkehr zu G9 ausgesprochen hatte, vollführte die Saar-CDU am Mittwoch eine Rolle rückwärts – kurz vor der Landtagswahl.

Von Teresa Prommersberger

Redakteurin Land/Landespolitik

Woran merkt man, dass Wahlkampf ist? Es wird wieder über G8/G9-Bildung diskutiert. 20 Jahre nach Einführung des „Turbo-Abiturs“ nach acht Jahren an den saarländischen Gymnasien ist diese Debatte aber recht ermüdend. Dessen ist sich wohl auch die Saar-CDU bewusst – und überrascht nach jahrelanger Blockadehaltung.

 Die Christdemokraten eröffneten am Mittwochmorgen den Wahlkampf im Bildungsbereich für die Landtagswahl im März. Sie wollen zurück zum Abitur nach neun Jahren an Gymnasien, das an den Gemeinschaftsschulen ebenso wie an den beruflichen Schulen die Regel ist. Das Wort „G9“ fällt aber nicht. Stattdessen nennt es die CDU eine „Qualitätsoffensive plus“ – mit drei Aspekten: „mehr Qualität“, „mehr Profil“ und „mehr Zeit“. CDU-Landeschef und Ministerpräsident Tobias Hans sagte: „Wir geben Schülerinnen und Schülern wieder mehr Zeit zum Lernen, zum Arbeiten und zum Forschen.“ Er begründete das zusätzliche Lernjahr mit Herausforderungen wie Digitalisierung, Globalisierung, Mehrsprachigkeit und Nachhaltigkeit. In den vergangenen 20 Jahren habe sich die Welt stark verändert. „Ein gutes und breites Bildungsfundament braucht Zeit zum Wachsen. Stärken und Talente brauchen Zeit zur Entfaltung. Persönlichkeit braucht Zeit zum Reifen.“

 
Bei einer Pressekonferenz am Mittwoch stellte CDU-Landeschef und Ministerpräsident Tobias Hans die „Qualitätsoffensive plus“ für Schulen im Saarland vor. Mit dabei die CDU-Landtagsabgeordneten  Frank Wagner und Jutta Schmitt-Lang (v.l.). Foto: BeckerBredel
 

 Dabei ist es mit der Zeit so eine Sache. Jahrelang wollte die CDU nicht von diesem, ihrem Plan abweichen. Das Saarland hatte G8 2001 als erstes westliches Bundesland unter CDU-Bildungsminister Jürgen Schreier eingeführt. Wirklich glücklich damit war aus der Schulgemeinschaft niemand. Der Verband der Gymnasiallehrer hatte das Turbo-Abi erst zähneknirschend, später aber fast geräuschlos mitgetragen. Schüler und Eltern hatten unter dem fehlenden Jahr geächzt, bis auf einige Debatten kam jedoch nichts dabei rum.

 Bis zum Jahr 2017 – vermeintlich. Im Wahlkampf für die damalige Landtagswahl hatte SPD-Landeschefin Anke Rehlinger angedeutet, zu G9 an Gymnasien zurückkehren zu wollen. Allerdings konnte sich die große Koalition später nicht darauf einigen, hatte das Thema an eine Expertenkommission abgeben, die wiederum die Diskussion nur marginal behandelte.  Zur „Wahrung des Schulfriedens“ zwischen den Schulformen hatte die Regierung das Thema dann vorerst zu den Akten gelegt.

Lange Debatte um G8 oder G9 im Saarland

 2018  startete die Elterninitiative „G9-jetzt!“ das G9-Volksbegehren, initiiert von der inzwischen  Vorsitzenden der Landeselternvertretung der Gymnasien (LEV Gym), Katja Oltmanns. Allerdings hatte die Initiative nur etwa die Hälfte der erforderlichen 54 000 Stimmen erreicht. 2019 legte die LEV mit einer Umfrage unter Eltern nach, in der sich eine „überdurchschnittlich hohe Anzahl an Erziehungsberechtigten“ für eine Rückkehr zu G9 ausgesprochen hätten. Auch im Zuge der Pandemie ab 2020 hatte die LEV wiederholt die Krise dafür genutzt, ihre Forderung nach G9 zu wiederholen.

 Unterdessen war und sind Corona und die Folgen für Kinder und Jugendliche immer wieder Thema auch im Landtag. Und damit auch wieder die Diskussion über eine längere Schulzeit. Für die SPD-Fraktion ist es wichtig, „dass wir die Gemeinschaftsschule und das Gymnasium gemeinsam betrachten“, wie deren Bildungspolitiker Jürgen Renner sagte. „Unser Ziel ist die Gleichwertigkeit beider Schulformen.“ Man dürfe die Schulformen, auch die beruflichen Schulen, nicht gegeneinander ausspielen.

 Die CDU-Fraktion pochte auf eine „seröse Diskussion“, in der es vor allem eine „Profilschärfung“ gehen sollte.  „Zuerst müssen wir darüber reden, was und warum wir es brauchen. Wenn sich dann herausstellt, dass mehr Zeit nötig ist, stehen wir dem nicht entgegen“, sagte Bildungspolitiker Frank Wagner in einer Plenarsitzung. Eine Wahlmöglichkeit an den Gymnasien wie sie etwa die Linksfraktion und die AfD gefordert hatten, lehnte er allerdings ab. „Eine Wischiwaschi-Lösung darf es nicht geben“ – sprich entweder G8 oder G9.

CDU will G9 ab 2023/24 – auch wenn es nicht so heißt

Nun sind am Mittwochmorgen bei der CDU die Würfel gefallen: G9 – auch wenn es nicht so heißt. Das Konzept sieht vor, dass die Profile der weiterführenden Schulen, Gymnasien, Gemeinschaftsschulen und Berufsschulen, „geschärft“ werden, betonten Landeschef Hans, Wagner und die Landtagsabgeordnete Jutta Schmitt-Lang. Eltern könnten derzeit kaum Unterschiede erkennen, kritisierten sie.  Für das Gymnasium hieße eine Schärfung konkret: der Fokus soll auf die Vorbereitung zum Studium liegen, die Hauptfächer und der Fremdsprachenunterricht soll gestärkt werden, ebenso die naturwissenschaftlichen Fächer. Außerdem soll Informatik bereits ab Klasse 5 unterrichtet werden, und nicht wie von SPD-Bildungsministerin Christine Streichert-Clivot geplant ab Klasse 7. „Alles andere ist zu spät“, sagte Hans.

 Die Rückkehr zu G9 an Gymnasien sei zum Schuljahr 2023/24 geplant, sagte Jutta Schmitt-Lang. Rund 100 zusätzliche Lehrer seien zur Umsetzung notwendig. Kosten pro Jahr: etwa sechs Millionen Euro.

 Das Konzept für die Gymnasien ähnelt stark dem „Gymnasium Plus“ des saarländischen Philologenverbands. Dieser hatte bereits Ende 2020 seinen Fahrplan zur Weiterentwicklung des Gymnasiums vorgestellt – unter anderem mit einem zusätzlich Lernjahr, Mehrsprachigkeit und Informatik ab Klasse 5.

 In den Gemeinschaftsschulen soll der  Fokus dagegen auf die Vorbereitung zur Ausbildung gelegt werden, erklärten die Christdemokraten. Ab Klassenstufe 7 soll in „unterschiedlichen Lernniveaustufen“ in kleineren Gruppen unterrichtet werden, ab Klasse 9 sollen die Schüler durch ein spezielles Förderkonzept besser auf die Oberstufe vorbereitet werden. Für die beruflichen Schulen wiederum will die CDU ein Institut für berufliche Bildung auflegen, für eine stärkere Vernetzung von Schulen, Ausbildungsbetrieben und Kammern.

Rehlinger mit hämischem Glückwunsch

 Eine Reaktion auf den CDU-Vorstoß ließ nicht lange auf sich warten. „Herzlichen Glückwunsch, es ist ja nie zu spät zum Dazulernen. Hätten wir auch in dieser Legislatur schon ändern können. Aber Wahlkampf ist natürlich auch schön“, sagte Anke Rehlinger. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Ulrich Commerçon teilte mit: „Die CDU gesteht einen Fehler ein und übernimmt die SPD-Position: Gut so. Schlecht, dass die Kehrtwende 74 Tage vor der Landtagswahl offensichtlich taktisch motiviert ist.“

 Bildungsministerin Streichert-Clivot sagte: „Wir sind für eine Rückkehr zu G9 am Gymnasium offen, das ist klar – auch im Sinne der Gleichwertigkeit von Gemeinschaftsschulen und Gymnasien.“ Dafür müssten aber die Voraussetzungen geschaffen werden. In erster Linie seien „weiter hohe Investitionen in zusätzliches Personal und auch Schulräume, also ein Bauprogramm, nötig“. In den vergangenen Jahren „haben wir immer wieder hart um zusätzliche Lehrkräftestellen mit dem Finanzministerium ringen müssen“.

 Neben der SPD und nun auch der CDU hatten sich auch Grüne, FDP und Linke für eine Rückkehr zu G9 ausgesprochen.